„Gesund essen und gesund trinken”
... unter diesem Motto hatte Klaus Pellmann diesmal zu einem Tagesausflug in die Alpen geladen – die liegen ja nur 40 Kilometer vor den Toren Berlins. Mit ca. 25 Teilnehmern setzte sich am 8. Juni ein Autokorso in Bewegung, um kurz vor Werder die Glindower Alpen anzusteuern.
Schon von den Wenden wurde dieses Gebiet zwischen Petzow und Glindow zur Tongewinnung und Ziegelherstellung genutzt. Jahrhunderte intensiven Abbaus der eiszeitlichen Lehmlinsen und die Aufschüttung von Abraum gaben dem Höhenzug ein Profil, das für die Mark eher untypisch ist (und frühe Tourismusmanager der Region sorgten wohl schließlich für einen werbeträchtigen Namen).
Neue Ziegel-Manufaktur Glindow
In Glindow begrüßte uns Herr Dieckmann, Geschäftsführer der Neuen Ziegel-Manufaktur. Seit Mitte der 1990er Jahre werden hier von rund 25 Mitarbeitern wieder handgestrichene Ziegel hergestellt, die sich aufgrund hoher Qualität und Originaltreue großer Nachfrage bei Denkmalschutz und Restaurierung erfreuen.
Kern der schon seit 300 Jahren bestehenden Ziegelei ist ein 1868 errichteter Hoffmannscher Ringofen mit 14 kreisförmig angeordneten Brennkammern. Seinerzeit stellte Hoffmanns Erfindung eine technische Revolution dar, die die Kosten für Brennstoffe erheblich senkte und die Produktivität deutlich erhöhte. Nur jeweils ein Teil der Brennkammern wird umlaufend befeuert. Die zuströmende Frischluft wird zum Kühlen der gebrannten Ziegel in anderen Kammern genutzt, die Abwärme dient zum Trocknen der Rohziegel.
Durch Auswahl und Mischung des Tons gewinnen die Ziegel die gewünschte Farbe, durch Stapeltechnik und Kohlebrand eine individuelle Schattierung. Ihre besondere Form und Oberflächenstruktur erhalten sie durch das Schlagen des Tons in hölzerne Rahmen und das anschließende Abstreichen mit einem Draht. Von der Schwere der Arbeit konnten sich Freiwillige überzeugen.
In einer weiteren Werkstatt besichtigten wir die Herstellung von Formsteinen, die unter Verwendung von Schablonen mit einem Draht aus Rohlingen geschnitten werden. Danach führte uns Herr Dieckmann entlang zahlreicher Trockenkammern, erläuterte die Feuerungstechnik unter dem Dach des Ringofens und zeigte eine gerade geöffnete Kammer mit fertigem Brenngut.
In einem Ausstellungsraum, der die umfangreiche Produktpalette der Ziegelei präsentiert, fand die spannende Führung ihren Abschluss.
Schloss und Park Petzow
Unsere nächste Station war das ehemalige Waschhaus im Park des Schlosses Petzow. Ein gut gelaunter Herr Friedrich vom Heimatverein Petzow begrüßte uns. Ob wir schon wüssten, dass halb Berlin aus Glindower Ziegeln erbaut worden sei? Nach unserem Ja erfuhren wir, dass die andere Hälfte aus Petzower Ziegeln entstanden ist.
Unter schattenspendenden Bäumen gingen wir bei einem Picknick (Dank an die Organisatoren!) der Leitfrage der Exkursion nach, ob auch heutzutage noch „gut essen und gut trinken″ möglich ist. „Im Prinzip ja″ lautete das Ergebnis, „sofern man dafür nur ausreichend Zeit hat!″.
Unser Zeitplan und Herr Friedrich drängten nämlich zum Aufbruch. Nach einem kurzen Anstieg durch den von Lenné gestalteten Park erreichten wir das auf einer kleinen Anhöhe liegende Schloss. Es hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich, war nach der Wende Spekulationsobjekt und Kulisse für TV-Serien, macht aktuell aber einen verlassenen und leider bedauernswerten Eindruck.
Herr Friedrich schilderte recht anschaulich die regen Bemühungen des Heimatvereins um Schloss und historische Gartenlandschaft, die jedoch angesichts finanzieller und personeller Ressourcen letztlich unzureichend seien, um den weiteren Erhalt zu gewährleisten. Zum Schluss seiner Führung um den Haussee gelangten wir wieder am Waschhaus an, in dem eine Ausstellung über die Geschichte des Orts Petzows und der Gutsbesitzerfamilie Kaehne informiert. Es ist von April bis Oktober außerdem Ausgangspunkt für geführte Wanderungen und im September laden hier die Petzower Waschweiber zum Parkfest.
Frucht-Erlebnis-Garten Petzow
Ein kurzer Fußmarsch durch das Dorf Petzow führte uns anschließend zum Frucht-Erlebnis-Garten des Unternehmens Christine Berger. Es stellt zahlreiche Obst- und Wildfruchterzeugnisse her, ist aber vor allem durch seine Sanddorn-Produkte (Markenname Sandokan) bekannt.
Frau Watzke erläuterte die Geschichte des Betriebs und die Verarbeitung des Sanddorns, der schon seit DDR-Zeiten wegen seines Vitamin-C-Gehalts („Zitrone des Nordens″) auf nahegelegenen Plantagen angebaut wird. Neben Säften, Fruchtaufstrichen und Likör wird aus Sanddorn auch Naturkosmetik hergestellt und über Lebensmittel- und Biomarktketten vertrieben.
Vor dem Besuch von Hofladen und Café konnten Sanddorn-Produkte und andere Obsterzeugnisse verköstigt werden. Deren Alkoholgehalt begann zwar bei Null, steigerte sich später aber von Runde zu Runde. Vorsorglich machte uns Frau Watzke auf etwaige Folgen von Obstweingenuss aufmerksam und illustrierte dies mit tumulthaften Szenen des Werderaner Baumblütenfestes.
Dorfkirche Petzow
Der Weg zurück zum Parkplatz führte an der Dorfkirche vorbei, die schon zuvor über Sichtachsen des Lennéschen Schlossparks erblickt werden konnte. Sie wurde 1840 nach Plänen von Schinkel auf dem Grelleberg errichtet, ihre Geschichte wird auf den Seiten des Heimatvereins geschildert.
Der sehenswert restaurierte Kirchenraum dient auch als Veranstaltungsort für Ausstellungen und Konzerte und vor zwei Jahren konnte eine neue Orgel geweiht werden. Eine weitere Attraktion ist der Glockenturm. Nach einem, wegen der Enge des Turms recht mühevollen, Aufstieg bietet sich eine weite Aussicht in das Umland mit der Havel und ihren Seen, Wäldern und über das Glindower Alpenland.
Bildnachweis
© 2013 Th. Kayser, Landesstelle