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Samstag, 27. März 2010

Installation von Solarpaneelen in Bassossa, Fahrt nach Foumban

Wachten mitten in der Nacht durch das Stakkato unzähliger Trommeln auf, die aus den umliegenden Bergen mal näher, mal weiter weg, an unsere Ohren drangen. Wie ein kreisender Klangteppich schien ein fast unwirklicher Chorgesang mal weiter oben, dann wieder weiter unten, aus dem strahlenden Sternenhimmel zu fallen. Wir konnten uns keinen Reim darauf machen. Ganz allmählich schälte sich aus den Klangmustern eine Richtung heraus, und nach ein bis zwei Stunden verklangen dann diese immer leiser werdenden Sphärenklänge, so dass wir uns nicht mehr sicher waren, dies alles nur geträumt zu haben.

Am Morgen, wir konnten nicht mehr so richtig schlafen, erzählte uns Melanie, dass dies eine Prozession gewesen sei, die die Einwohner von Bassossa „Jesu-Weg“ nennen, und zu der die Bewohner der ganzen Gegend des nachts singend und trommelnd in einem immer mächtiger anschwellenden Pilgerstrom, mit Palmwedeln in den Händen, zu einem 15 km entfernten Höhlenheiligtum pilgern, wo in der Morgendämmerung des Palmsonntags ein großer Gottesdienst stattfindet.

Um 8:00 Uhr fuhren wir dann zur Krankenstation, wo wir die Aluschienen für die Solarpaneele auf dem Aluminiumdach anbrachten. Dazu mussten wir die Nägel der Abdeckungselemente vorsichtig entfernen, da wir für die Schrauben der Schienen keine zusätzlichen Löcher in das Dach bohren wollten.

Je stärker im Laufe des Vormittags die Sonne vom klaren Himmel brannte, umso unerträglicher wurde es auf dem gleißenden Metalldach. Klaus musste sich mit einem feuchten Tuch um den Kopf schonen, da er von seinem immer noch verdorbenen Magen ziemlich geschwächt war.

Schnell hatten die Jungs von Aimé den Akku-Schrauber am Gel-Akku und am Solarpaneel angeschlossen und machten in den Räumen der Krankenstation mit den Installationen weiter. Harald fuhr mit unserem Fahrer Blaise, Aimé und Emmanuel nach Bafoussam, um Kabel zu besorgen. Leider kamen sie nach zwei Stunden ohne Kabel für die Solaranlage, dafür mit Croissants zu uns zurück, die wir hungrig mit Wasser hinunterspülten.

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HiTech: Solar-Akku-Schrauber

Klaus und Harald bauten weiter an der Solaranlage, Michael, Emmanuel und ich fuhren mit Blaise gegen Mittag los nach Foumban, um uns mit dem Sohn des Sultans zu treffen.

Nachdem wir die Stadt Bafoussam mit ihren manchmal einen halben Meter tiefen Schlaglöchern durchquert hatten, die nur durch Umfahren zu meistern sind, überquerten wir den breiten Nounfluss, den die Bamiléké in vielen ihrer Lieder besingen.

Emmanuel erklärte mir, warum dieser Grenzfluss so wichtig in der Geschichte seines Volkes sei. So hatten sich die Bamiléké, die überwiegend dem Christentum angehören und wie die meisten großen Ethnien im Westen von den Tikar im Mbam-Land abstammen, zunächst im Bamoungebiet niedergelassen.

Unter dem Druck der Bamoun überquerten sie den Fluss Noun, um sich im 18. Jahrhundert in ihrer heutigen Heimat mit dem Hauptort Bafoussam niederzulassen. Vom Fluss Noun ab tauchten auch immer mehr Minarette in den Dörfern entlang der Straße auf, je mehr wir uns dem Sultanat Foumban näherten. Neben den Straßen wurden auf den Grasflächen die pilzförmigen Termitenhügel immer zahlreicher, die en miniature häufig die hohen Vulkanberge am Horizont nachzubilden schienen.

Kurz vor Foumban schauten wir uns noch einen großen landwirtschaftlichen Betrieb an, der in vielen Bereichen mit seiner großen Geflügelanlage und den Schweineställen beinahe an einen Betrieb europäischen Standards heranreichte. Immer wieder fiel mir auch hier die fruchtbar tonhaltige rote Erde auf.

Vor dem Palast des Sultans waren wir sofort von zahlreichen Straßenhändlern umringt. Während Emmanuel versuchte, den Sohn des Sultans zu erreichen, der Chefarzt des Krankenhauses von Foumban war, und dessen marodes Krankenhaus wir später noch besuchen sollten, besichtigten wir den alten Baobabbaum vor dem Palasteingang und die deutschen Grabsteine der Sultansfamilie mit Jahreszahlen vom Anfang des 20. Jahrhunderts.

Auffallend waren auch die zahlreichen, vor einem Nebengebäude aufgereihten Nilpferdschädel, die von besonderen Jagdfesten des Sultans stammten. Im ersten Stock spielten Musiker auf Trommeln und Blasinstrumenten, die sie uns erklärten und unbedingt verkaufen wollten.

Nachdem wir auf einem Kunstmarkt noch einen bronzenen Löwen gekauft hatten, besichtigten wir das Krankenhaus von Foumban.

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Gebärstuhl der Krankenstation Bassossa Geburtsstation in Foumban

Der Chefarzt, ein Fröhlichkeit ausstrahlender Mann, hat aus eigenen Mitteln mehrere Computer angeschafft, konnte hunderte von Jugendlichen motivieren, sich für ihre jeweiligen Stadtteile zu engagieren, Missstände anzuprangern, alten und kranken Menschen zu helfen, Konzerte und Veranstaltungen für einzelne Stadtgebiete zu organisieren.

Der Heimweg war eine wilde Fahrt durch die Nacht – viele Autos und Motorräder fahren ohne Licht, und auf den Straßen sind unzählige Menschen unterwegs, die oft nur im letzten Moment von Blaise gesehen werden. Ziemlich zerschlagen und voll an Eindrücken krochen wir bald in unsere Schlafsäcke.

 

Sonntag, 28. März

Einmessen des Schulgrundstücks in Bassossa, 1. Tag

Nachts wachte ich mehrmals frierend auf und war ganz froh über meinen etwas wärmeren Schlafsack.

Nach dem obligatorischen Sardinenfrühstück mit einem Becher Café und Bananen fuhren Klaus und ich mit Blaise zum Schulgrundstück, um es einzumessen. Auf dem Weg unterhalb des Grundstücks luden wir unser Stativ, das Nivelliergerät, die Drei-Meter-Messlatte, Bandmaß und unsere Zeichengeräte aus.

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Klaus, Martin, Gaston und Victor mit Fluchtstangen Klaus beim Einmessen Unsere kleinen Helfer

Viktor, einer der Gemeinderäte von Bassossa und ein guter Freund von Emmanuel, hatte bereits zahlreiche gerade Bambusstangen geschlagen. Wir baten ihn, diese mit der Machete auf zweieinhalb Meter einzukürzen. Mit der mitgebrachten roten Farbe wurde danach der obere halbe Meter angestrichen. Danach schritten wir mit Jean die Grenzen des eineinhalb Hektar großen Geländes ab und rammten mühsam alle dreißig Meter eine Fluchtstange in die rote Erde.

Das große Grundstück ist im oberen Teil relativ gerade und fällt zum Tal hin steil ab. Unser Problem war auch, dass viel große Bäume, die meist auf der Grenze standen, mit eingemessen werden mussten, was nur über Parallelmessungen möglich war. Bananen- und Kaffeestauden, die uns die Sicht versperrten, kappte Victor mit seiner Machete.

Klaus hatte ziemliche Probleme beim Ablesen der Zahlen auf der Messlatte, da die Luft in der Hitze ziemlich stark flimmerte und sehr viel Staub durch den im Laufe des Tages immer stärker werdenden Wind aufgewirbelt wurde. So mussten wir zahlreiche Hilfsstrecken aufbauen. Ein weiteres Problem war die Abschüssigkeit des Geländes, so dass wir im unteren Bereich bis zu acht Meter lange Bambusstangen nahmen, an deren oberen Ende wir mit Klebeband die Dreimeterlatte befestigten. Durch den starken Wind konnten wir sie häufig nur mit Mühe zu zweit festhalten.

Klaus schützte seinen Kopf durch ein weißes Tuch, mir hatte Harald seinen Südwester gegeben, so dass auch meine Ohren geschützt waren. Beim stundenlangen Halten der Fluchtstange vergaß ich nur meine Handrücken abzudecken, so dass ich mir während der zwei Vermessungstage einen gewaltigen Sonnenbrand holte.

Wir getrauten uns kaum Pausen zu machen, da uns für die Einmessungsarbeit nur zwei Tage zur Verfügung standen. Danach mussten wir ja nach Jaunde (frz. Yaoundé, die Hauptstadt Kameruns) kommen, um am Tag darauf die Deutsche Botschaft aufzusuchen. Machte mir auch viel Sorgen um Klaus, dem es nicht besser ging und dessen Gesicht immer schmaler wurde.

Während der Arbeit kamen uns immer wieder Kinder näher, oft acht- bis zehnjährige Mädchen, die oft eines ihrer kleinen Geschwister in einem Tuch auf dem Rücken trugen und den ganzen Tag über für dieses Kleinkind verantwortlich waren. Emmanuel meinte, die Kinder wären es gewöhnt, tagsüber mit wenig Wasser auszukommen. Meine mitgebrachten Kraftriegel und die Schokolade von Air France schnitt ich mit einem Messer in ganz kleine Streifen und verteilte sie mittags als Geschenk an die Kinder.

Unten an der Straße begrüßten uns immer wieder Frauen, die vorbeikamen, uns Erdnüsse und Bananen schenkten und sich für unsere Arbeit bedankten. Da wir um 9:00 Uhr mit dem Vermessen angefangen hatten, waren wir nach acht Stunden völlig geschafft und über und über mit einer roten Staubschicht bedeckt. Zu Fuß liefen wir die zwei Kilometer mit unseren Geräten Richtung Dorfplatz. Unterwegs kamen wir an einem kleinen, mit Flechtwerk verzierten Gebäude vorbei, das sich als Laden herausstellte, wo wir uns erstmal niederließen und ich für uns vier Flaschen Bier bestellte, die der Wirt aus einer Ecke herauskramte.

Während wir dort saßen, kamen zahlreiche Dorfbewohner vorbei, ihre Lasten auf dem Kopf balancierend, begrüßten uns, und wollten, dass wir auch Fotos machten.

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Der Dorfbrunnen

In unserem Haus zurück besorgten wir uns erstmal für jeden einen Eimer Wasser aus dem 25 Meter tiefen Brunnen. In einer Ecke des Rohbaues schütteten wir diesen Eimer nach dem Einseifen in Kauerhaltung über unsere Köpfe, das als rostbraune Brühe große Pfützen auf dem Betonboden bildete. Wir fühlten uns wie neugeboren.

Melanie hatte uns wieder mit Essen versorgt. Victor, Gaston, Jean und der Rest unserer Truppe kamen dann gegen 22:00 Uhr zu uns auf die Terrasse. Sie erzählten von der wieder total begeisterten Filmgemeinde. Michael hatte diesmal Filme über Brunnenbau, vom Empfangsfest (diesmal mit Ton) und für die Kinder einen kleinen Ausschnitt von Ice-Age gezeigt. Die vielhundertköpfige Gruppe wäre wieder völlig aus dem Häuschen gewesen, sie wären alle vom Schulprojekt begeistert. Es gäbe bereits die ersten Frauengruppen im Dorf, die Geld für ihre Berufsschule sammelten.

Unterhielt mich noch lange mit Victor, übersetzte auch immer wieder für Klaus und Michael.

Victor erzählte viel vom Leben im Dorf. Meinte ihm gegenüber, dass auch die Tradition wichtig sei, sie dürften ihre Wurzeln nicht verlieren, gerade für die Kinder wäre dies wichtig. Die Menschen im Dorf hatten ganz gut verstanden, dass mit einer Berufsschule auch die Moderne einziehe, Strom und sauberes Wasser für die Bevölkerung, das eine ginge nicht ohne das andere. Aber für vieles gibt es einfach viel zu wenig Geld von der Regierung. Victor meinte auch, wie wichtig bei einer guten Arbeit auch die Liebe zu den Menschen sei, dass alle Menschen in ihren Bedürfnissen gleich sind, unabhängig von der Hautfarbe.

Kurz bevor wir dann gegen 1:00 Uhr ins Bett gingen, erzählte Jean noch aus seiner Zeit in Deutschland, wie er einmal in einem kleinen Dorf am Bodensee bei einer Faschingsfeier den ersten Preis für die beste Verkleidung bekam.

 

© Text: Martin Rammensee, Bilder: Martin Rammensee, Klaus Pellmann, Harald Sterzenbach; Peter-Lenné-Schule - OSZ Agrarwirtschaft Berlin 2010

 

 

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